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Überangebot in der EU                                      eigenes  Zeichen  etablieren  kann.  Die  Herkunfts-
          Obwohl  die  Schweinepreise  in  vielen  anderen  EU-Ländern  höher   kennzeichnung darf sich nicht nur auf den Bereich der
          liegen  als  in  Deutschland,  können  viele  ausländische  Schlacht-  Schweinemast  und  die  Schlachtung  beschränken,
          unternehmen  das  Fleisch  günstiger  als  deutsche  Unternehmen   sondern muss auch die Ferkelerzeugung in Deutsch-
          anbieten, weil in deren Mischkalkulation auch Teile wie z. B Pfoten,   land  umfassen.  Dies  wird  bei  vielen  Werbeaussagen
          Köpfe  mit  einbezogen  werden  können,  die  von  den  deutschen   aktuell  jedoch  bewusst  ausgeklammert  bzw.  so
          Schlachtunternehmen  aufgrund  der  aktuellen  ASP-Situation  teuer   geschickt formuliert, dass es für den Verbraucher kaum
          entsorgt werden müssten. Weitere Kostenvorteile z. B. im Zusammen-  ersichtlich ist.
          hang mit Corona-Maßnahmen kommen hinzu. Mit diesen Vorteilen in   Wer den deutschen Erzeugern wirklich helfen will, setzt
          der  Hinterhand  treten  allen  voran  die  Spanier  momentan  sehr   dies schnellstmöglich um.
          preisaggressiv in der EU und auch speziell in  Deutschland auf. So   Dies  gilt  auch  für  Kantinen  und  den  Außer-Haus-
          kommt es aktuell zu der Situation, dass trotz Nachfragesteigerungen in   Verzehr,  die  mit  den  Lockerungen  der  Corona-
          der Gastronomie etc. genug Ware vorhanden ist und die ohnehin noch   Maßnahmen nun wieder einen höheren Bedarf haben.
          vollen Kühlhäuser teilweise sogar noch weiter gefüllt werden. Während   Sonst  dürfte  sich  die  Verlagerung  der  heimischen
          der Druck durch die ausländische Ware in den letzten Wochen noch   Schweineerzeugung  ins  Ausland  angesichts  immer
          moderat  war,  berichten  die  Schlachtunternehmen  nun  von  einer   größer  werdender  Wettbewerbsnachteile  in  Deutsch-
          deutlich verschärften Situation. Dieser Druck, der sich über die letzten   land ohne Kostenausgleich rasant beschleunigen!
          Wochen angestaut hat, schlägt nun voll auf den Schweinepreis durch.

          Hohe Kosten in Deutschland
          Fest steht jedenfalls, dass die Schweinehalter nicht noch niedrigere
          Preise  ertragen  können.  Kostensteigerungen  in  allen  Bereichen,
          insbesondere  aber  bei  Futtermitteln,  sorgen  für  eine  defizitäre
          Ferkelerzeugung und Schweinemast. Und das nun schon seit vielen
          Monaten, so dass vielen Betrieben die Luft ausgeht. Bei immer weiter
          steigenden Anforderungen an Haltung, Tierwohl und Umwelt müssen
          die Schweinehalter gleichzeitig mit billiger Ware aus anderen Ländern
          konkurrieren. Das kann nicht funktionieren.
          Völlig aus heiterem Himmel kommt diese Entwicklung im Übrigen nicht.
          Spanien  hat  seine  Produktion  in  den  vergangenen  Jahren  massiv
          ausgedehnt. Im vergangenen Jahr schlachtete der größte Produzent
          von Schweinefleisch in der EU über 56 Mio. Schweine und damit rund
          15  Mio.  Tiere  mehr  als  noch  vor  10  Jahren.  Der  südeuropäische
          Standort profitierte von guten Exportmöglichkeiten in Drittländer und
          von deutlich niedrigeren Umwelt-, Haltungs- und Sozialstandards.

          Haltungs- und Herkunftskennzeichnung gefordert!
          Jetzt rächt sich, dass es die Politik in Deutschland in den vergangenen
          Jahren  nicht  geschafft  hat,  passende  Rahmenbedingungen  für  die
          heimischen Erzeuger umzusetzen: Sowohl der wichtige Zugang zu den
          Drittlandsmärkten  in  Asien  ist  seit  dem  Ausbruch  der  ASP  im
          vergangenen  September  weiterhin  versperrt  als  auch  eine
          verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung – und zwar bis
          zum  Ferkel  -  wurde  nicht  eingeführt.  Außer  gegenseitigen
          Schuldzuweisungen der verschiedenen Parteien ist bislang wenig bis
          gar nichts zu diesen Themen zu vernehmen.
          Aber auch die Unternehmen der abnehmenden Seite sollten mit einem
          guten Beispiel voran gehen und sich schnellstmöglich klar zur Herkunft
          für  Fleisch  aus  Deutschland  bekennen  -  nicht  nur  im  Bereich
          Frischfleisch,  sondern  auch  bei  verarbeiteten  und  gefrorenen
          Produkten! Bei dem System der Haltungskennzeichnung hat der LEH
          ja bereits gezeigt, dass man hier an einem Strang ziehen kann und ein

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